Calm Design

„Wenn gutes Design es jemandem ermöglicht, sein Ziel mit den wenigsten Schritten zu erreichen, dann ermöglicht Calm Technology es ihm, es mit den geringsten mentalen Kosten zu erreichen.“ (Case, 2015)

Browser Notifications erlauben, Pop-ups mit „Spezial-Angeboten“ einblenden, Werbeblöcke zwischen Inhaltsblöcke schalten, blinkende Überschriften und rotierende Texte für das Lenken der Aufmerksamkeit platzieren und seit einigen Jahren: den Cookie Banner wegklicken.

Schon in 1995 haben sich Forscher Gedanken über die Informationsplatzierung, Komplexität auf den Websites und die Vereinfachung des Inhaltsangebotes gemacht. In der Studie beschreiben die Forscher, dass die Menschen durch die zunehmende Nutzung der Technologie in der ständigen Ablenkung leben. Sie betonen aber auch, dass die Technologie durch das Berücksichtigen der Bedürfnisse der Nutzer:innen eine positive Auswirkung haben kann.

Sie beschreiben es als zentrales und peripherisches Wahrnehmen und machen es an dem Beispiel des Autofahrens fest: Indem die Fahrenden ihre volle Aufmerksamkeit auf das Fahren lenken, nehmen sie das Geräusch des Motoren nicht als zentrales Geräusch wahr. Sobald jedoch ein ungewöhnliches Geräusch auftritt, wird die sofortige Aufmerksamkeit der Fahrenden darauf gelenkt. Die peripherische Aufmerksamkeit wird zu einer entscheidenden und zentralen Aufmerksamkeit darauf und bedenken ihre Entscheidungswege neu.

Designer:innen halten es in ihren Händen, wie sie mit den Design-Elementen umgehen und entscheiden über die Überflutung mit Informationsgehalt oder gekonntem Einsetzen in dem zentralen oder peripheren Sichtfeld der Nutzer:innen.

Calm Design bedeutet Minimalismus und Einfachheit.

Prinzipien des Calm Designs

Technologie sollte so wenig Aufmerksamkeit wie möglich erfordern: Je mehr die Aufmerksamkeit von Nutzer:innen gefordert wird, desto weniger geistiger Freiraum steht zur Verfügung, um die zu vorgenommenen Aufgaben zu erledigen.

Technik soll informieren und für Entspannung sorgen: Technik soll nicht die aufdringliche Aufmerksamkeit fordern, sondern die Nutzer:innen leicht aufmerksam machen. Ein Beispiel ist die Bestellung des Essens über Lieferando. Die Besteller:innen können sehen, wo sich gerade ihr bestelltes Essen befindet und bekommen einen Hinweis, wenn die Lieferung vor der Tür steht.

Die Technik soll die Peripherie nutzen: Darunter sind Hinweise zu verstehen, die Nutzer:innen über ihre Hauptaufgabe informieren oder das Erfüllen der Hauptaufgabe fördern. Beispielsweise ist es ein Hinweis, dass der Laptop bald eine Stromzufuhr benötigt.

Technologie sollte das Beste der Technologie und der Menschen verstärken: Die Unterstützung des menschlichen Handelns durch die Technologie ist hiermit gemeint. Die Google-Suche zum Beispiel versucht nicht, menschlich zu wirken – sie hilft Menschen, das Gesuchte zu finden.

Technik kann kommunizieren, muss aber nicht sprechen: Um Reizüberflutungen bei Nutzer:innen zu minimieren, sollten Sprachbasierte Anwendungen für die Verwendung in ruhiger Umgebung konzipiert werden.

Technologie sollte auch dann funktionieren, wenn sie versagt: Menschen haben die Fähigkeit zur Flexibilität und Kompetenz zum Feingefühl, wenn etwas nicht funktioniert, wie es geplant war. Digitale Anwendungen teilen diese Fähigkeit nicht, so dass ein Absturz fatale folgen mit sich ziehen kann. Das Versetzen in die unterschiedlichen Situationen der Nutzer:innen ist für Designer:innen elementar und es sollte sicher gestellt werden, das die Nutzer:innen eine Auswahl an Optionen für die Bewältigung wichtiger Aufgaben haben.

Die richtige Menge an Technologie ist das Minimum, das zur Lösung des Problems erforderlich ist: Die Gestaltung einer einfachen Anwendung erfordert einen komplexen Prozess. Schon Dieter Rams hat in seinen zehn Prinzipien gesagt, dass:

„Good design is as little design as possible.“ (Vitsoe, 2023). Designer:innen sollten bei dem eher schon komplexen Prozess der Entwicklung einer Anwendung keine neuen Abhängigkeiten erfinden, es sei denn, es gibt keinen anderen Weg.

• Die Technik sollte soziale Normen respektieren: Jedes Gerät und jede Anwendung ist mit gesellschaftlichen oder kulturellen Erwartungen verbunden. Die Erwartungen sollen Designer:innen dabei leiten, was bei der Verwendung für die Nutzer:innen akzeptabel ist. Für eine erfolgreiche Einführung einer Anwendung ist es daher relevant die Zielgruppe und ihre sozialen Kontakte und die Kultur zu kennen. Das hilft für das Verständnis, ob die Nutzer:innen die Anwendung in diesem Kontext nutzen werden oder um festzustellen, warum sie es nicht tun.

 

Fazit

Calm Design unterstreicht die Bedeutung einer bewussten Gestaltung digitaler Produkte und Dienstleistungen, die nicht nur funktional sind, sondern auch das Wohlbefinden der Nutzer:innen fördern. Die Berücksichtigung von Aspekten wie Reduktion von visuellem Lärm, klare Informationsarchitektur und die Schaffung einer ruhigen, ansprechenden Nutzererfahrung stehen im Mittelpunkt dieses Konzepts.

Quellen:

Case, A.(2015): Calm Technology: Principles and Patterns for Non-Intrusive Design.“ O‘Reilly Media, Gravenstein Highway North. https://www.oreilly.com

Weiser, M, Brown, J., S.(1995): Designing Calm Technology. https://people.csail.mit.edu/rudolph/Teaching/weiser.pdf

Vitsoe (2023): The power of good design. Dieter Rams’s ideology, engrained within Vitsoe. https://www.vitsoe.com/gb/about/good-design